Betty Moise, geb. Wirth wurde 1893 in Perehinsko/Galizien geboren.
Sie war Witwe des 1931 gestorbenen Janku Moise, nach seinem Tod
Inhaberin des Textilgeschäftes sowie eines mehrstöckigen Fachwerkhauses
an der Hagenbrücke 6/7 in Braunschweig.
Am 29.9.1925 wird ihr Sohn Manfred geboren, am 30.7. 1928 ihre Tochter Paula
und am 18.4. 1931 ihr Sohn Jacob.
Nachdem ihr auf Grundlage der Verordnung zur Ausschaltung der Juden aus dem
deutschen Wirtschaftsleben vom 12. November 1938 die Fortführung des
Unternehmens untersagt war, arbeitete sie kurzzeitig als Hausangestellte.
1939 emigrierte sie mit ihren Kindern nach England.
Bei der Emigration reiste die Familie nicht geschlossen aus. Vielmehr wurden die erst 10 Jahre alte Paula und ihr drei Jahre älterer Bruder Manfred über den von englischen Juden organisierten Kindertransport außer Landes gebracht, wie Paula Moise selbst später berichtete.
Nach einer kurzen Trennung von ihrem Bruder kam es jenseits des Kanals in der Stadt Harwich zum glücklichen Wiedersehen, an das sich aber sogleich eine neue und schmerzvolle Trennung anzuschließen drohte, als im nicht weit entfernt gelegenen Dovercourt eine Aufteilung der beiden Kinder auf unterschiedliche Familien bevorstand. Zum Schrecken der Kinder ließ diese Zuteilung in Familien auch noch christliche Attitüden erkennbar werde, so wie sie es in Deutschland bislang bei den Nationalsozialisten erlebt hatten.
Dank des engagierten, ja schon kühnen Einsatzes des Bruders Manfred kam es dann aber dazu, dass Paula doch bei einer jüdischen Familie in Birmingham untergebracht wurde.
Manfred Moise scheint es dann im Weiteren trotz seines noch jungen Alters gelungen zu sein, eine Arbeitsstelle für seine Mutter zu finden, was deren Anreise nach acht Monaten erlaubte.
Im September 1939 war die Familie so wieder in Birmingham vereint.
Textauszug aus Paula Hill’s Buch: „Ich kam allein. Die Rettung von zehntausend jüdischen Kindern“ von Rebekka Göpfert (Hg.). München 1997, S.153-156:
> Einige der Kinder hatten Glück und wurden noch während des Krieges oder danach wieder mit ihren Familien vereint. Viele von ihnen sahen allerdings ihre Eltern oder Geschwister, in manchen Fällen auch ihre Zwillingsgeschwister, nie wieder. <
In der nachfolgenden Zeit muss Paula einen höheren schulischen Abschluss erlangt haben.
Denn nachdem einige Jahrzehnte vergangen waren – Paula Moise hieß mittlerweile Paula Hill -, schloss sie im Alter von
73 Jahren eine Promotionsarbeit ab.
Hintergrund für diese Arbeit scheinen erneut die Erlebnisse während des Kindertransportes gewesen zu sein, denn die Doktorarbeit trägt den Titel: Paula Hill, “Anglo-Jewry and the Refugee Children 1938-1945,”
(PhD. diss., Royal Holloway University of London, 2001)
Acht Jahre zuvor, 1993, hatte sie außerdem einer jungen Regisseurin mit Namen Diane Samuels (32 J) geholfen, ein dokumentarisches Theaterstück über den Kindertransport zu schreiben. In diesem Stück wurden die mit dem Kindertransport verbundenen Erfahrungen von insgesamt fünf Kindern (vier Mädchen und einem Jungen, u.a. die von Paula Hill) thematisiert.
Das Stück wurde im Cockpit-Theatre in London aufgeführt.
Eine weitere, in eine ähnliche Richtung verlaufende Spur Paula Hills lässt sich im Zusammenhang mit der Biographie von Wilfrid Israel finden, der einer der Initiatoren – wenn nicht sogar die entscheidende Person – des Kindertransportes war. Paula Hill hatte sich schon in ihrer Doktorarbeit mit der zentralen Rolle Wilfrid Israels befasst.
Eine Mitarbeiterin der Organisation „Association of Jewish Refugees“, Karen Markham, teilte mit, dass Paula Hill weiterhin in Israel lebe, dass sie aber schwer an Demenz erkrankt sei, weswegen eine Kontaktaufnahme zu ihr nicht mehr möglich sei. Der Umstand dieser Erkrankung sollte aber nicht an die Öffentlichkeit gelangen.
(Anm.: Dieses ist eine sehr gekürzte Fassung der Recherche-Unterlagen, welche vollständig aufbewahrt werden in der KZ Gedenkstätte Schillstraße, Braunschweig,)
Recherche Waldorfschule Braunschweig – 2016
Schülerinnen: Charlottte Hornemann, Cecilia Modemann
Begleitet durch die Lehrer Joseph Bailey, Peter Babion