Walther Löwendorf , geboren am 18.3. 1893 in Mattierzoll, Kreis Wolfenbüttel,
ist verheiratet mit Mathilde, geb. Neuberg.
Er wird Kaufmann, Mitinhaber der Firmen seines Vaters Dietrich Löwendorf in Mattierzoll
(u.a. Getreide-, Futter- und Düngemittelgroßhandlung)
Vvermutl. kommt es zum Zwangsverkauf 1938, oder evtl. zu einem Verbot des Verkaufs
durch den Wolfenbüttler Landrat, welches erst aufgehoben wird, als es schon zu spät ist.
Walther geht auf die städtische Oberrealschule in Braunschweig.
Als Kämpfer im 1. Weltkrieg wird er mit dem Kriegsverdienstkreuz ausgezeichnet.
Er ist Präsident der Leopold-Zunz-Loge und Mitglied des Vorstandes
der jüdischen Gemeinde in Braunschweig.
Später ist er auch Mitglied des Vorstandes der Jüdischen Jugendhilfe e.V. in Berlin.
Nach dem Zwangsverkauf der Firmen der Familie und kurz vor der Pogromnacht
am 9. November 1938, besucht Walther seinen Sohn Peter in Jaffa,
der dorthin bereits 1936 geflohen ist.
Walter bleibt mit einem Touristenvisum in Palästina. Dort bekommt 31.1.1940 die palästinensische Staatsbürgerschaft.
Die Brunsvicensia Judaica spricht davon, dass er am 25.02.1939 nach Palästina emigriert.
Nach dem zweiten Weltkrieg kommt Walther immer wieder zu Besuch nach Braunschweig.
Walter stirbt 1962 in Tel Aviv, Israel
—————————————-
Brief an Walter Löwendorf von Moritz Wegner
Lieber Wilhelm Walter Löwendorf,
Ich heiße Moritz Wegner. Ich hatte die Ehre zu ihrer Familie zu recherchieren.
Über Sie, ihre Frau Mathilde, ihren Sohn Peter und über ihre Tochter Gabriele.
Wir möchten mit einem Stolperstein im Rosental 9 an sie alle erinnern.
Sie besitzen 1933 gemeinsam mit ihrem Vater eine Getreide-, Futter- und Düngemittelgroßhandlung. Ihre Wirtschaftliche Grundlage haben Sie in der Zeit des Nationalsozialismus verloren. Verloren? Das ist wohl der falsche Begriff ist.
Sie wurde geraubt? Durch List abgepresst?
Mir ist nicht klar geworden, ob es ein Verbot des Verkaufs gibt, als sie dringend das Geld für die Flucht der anderen Familienmitglieder brauchten. Und ob der Landrat von Wolfenbüttel dieses Verbot erst aufhebt, als es zu spät ist. Da lebt ihr Vater schon in einem sogenannten „Judenhaus“. Von dem aus er am 16.03.1943 in den Tod geschickt wird.
Oder – wie eine andere Quelle berichtet – ob die Betriebe im Jahre 1935 erst zwangsverpachtet und später – 1938 – zwangsverkauft wurden. So oder so.
Ihre Mitbürger haben sie um ihr Eigentum gebracht. Und um den Vater.
Zu diesem Zeitpunkt sind sie nicht mehr in Braunschweig.
Hier waren Sie ein engagierter Bürger.
Wichtig für das Leben in der Stadt.
Sie sind Kämpfer im 1. Weltkrieg.
Kämpfen für ihr Land. Deutschland.
Bekommen eine Auszeichnung.
Sind Präsident der Leopold-Zunzt-Loge.
Benannt nach jenem deutschen und jüdischen Wissenschaftler,
der sich für ein gutes Miteinander von Juden und Christen in Deutschland eingesetzt hat.
Sie sind im Vorstand der jüdischen Gemeinde in Braunschweig.
Kümmern sich darum, dass das Gemeindeleben klappt.
Was für Gespräche haben sie wohl in der Zeit von 1933- 1938 in dieser Gemeinde geführt?
Und dann geht ihr Sohn Peter. Er ist 15 Jahre alt, als er loszieht. Nach Palästina.
Das muss für einen Vater hart sein. Ich kann sie verstehen.
Sie wollten für ihn wahrscheinlich nur das Beste.
Und – er schafft es!
Und dann rettet dieser Sohn Sie, oder?
Sie schaffen es, ihren Sohn 1938 mithilfe eines Touristenvisums zu besuchen.
Wie haben Sie das geschafft? Dazu fehlen uns die Quellen.
Haben ihre Verbindungen als Geschäftsmann ein letztes Mal geholfen, an ein Visum für Palästina zu kommen?
Sie erreichen dieses sichere Land und bleiben.
Am 25.2.1939 emigrierten sie nach Palästina und erhalten am 31.1.1939 die palästinensische Staatsbürgerschaft.
Sie lassen ihre Frau und ihre Tochter im Ungewissen zurück, was ihnen bestimmt nicht leichtgefallen ist.
Sie wussten ja noch nicht, dass sie sich alle – Mathilde, Peter und Gaby – wiedersehen würden.
In Tel Aviv! Was für ein unvorstellbares Glück.
Nach dem Krieg kommen sie immer wieder nach Braunschweig zurück.
Was haben sie hier gemacht?
Wir wirkte die Stadt auf Sie?
Auch Sie war zerstört durch die Herrschaft der Nationalsozialisten und den Krieg.
Genauso wie ihr altes Leben.
Das sind Fragen, die ich mir stelle.
Vielleicht könnten Sie mir so manche Fragen beantworten,
wenn sie nicht im Jahre 1962 in Tel-Aviv gestorben wären.
Lieber Walter, es war mir eine große Ehre zu ihrer Person zu recherchieren.
Viele Fragen blieben offen. Damit müssen wir leben.
Ich hoffe, dass Sie und ihre Geschichte durch den Stein nicht in Vergessenheit geraten.
Viele Grüße, Moritz Wegner
Recherche 2019 Schülerinnen und Schüler der IGSFF Braunschweig
begleitet von dem Lehrer Jens Siebert