Mathilde Löwendorf

Mathilde Löwendorf, geb.Neuberg wurde 1896 in Berlin geboren.
Sie interssiert sich für Sprachen  und wird Leh­rerin und Dolmetsche­rin in England.

Nachdem sie ihren Mann Walther kennen gelernt hat, zie­hen sie nach Braunschweig in die Kaiser- Wilhelm-Straße 39.
Dort bekommt sie auch ihre Kinder Peter und Gabriele.  Am 15.04.1928 zieht die Fami­lie um und lebt bis zur Flucht in der Straße Rosental 9.

Mathilde flieht am 11. oder 12.04.1939 und folgt da­mit ihrem Mann Walther,
Sohn Peter und Tochter Ga­briele nach Palästina.
Diese sind schon vorher  nach Palästina  aufgebrochen.
(Gabriele 20.02.1939. Peter Löwendorf 1936)

Da Gabriele schon am 20.02.1939 flieht, lebt Mat­hilde noch knapp zwei Monate alleine in Braun­schweig ohne ihre Familie.

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Brief an Mathilde Löwendorf                    von Robert Schindler

Liebe Mathilde,

Ich bin Robert Schindler. Das letzte halbe Jahr mich mit dir und deiner Lebensgeschichte befasst. Du hattest ein härteres leben als ich es mir jemals vorstellen könnte. Trotzdem hattest du wohl auch ein abwechslungsreiches Leben. In Berlin geboren und aufgewachsen, hast du deine Liebe für die Sprachen dieser Welt entdeckt. Du bist Dolmetscherin und Lehrerin an der Oxford University geworden. Das zeigt mir, welches Talent, welcher Mut welcher Drang nach der Welt in dir steckt!

Als dann Walter in dein Leben trat, hat sich vieles für dich geändert.  Ich wüsste nur zu gern, wie Ihr euch kennengelernt habt. Was hat dich an dem erfolgreichen jungen Kaufmann gereizt? Oder der Mann, der in vielen sozialen Einrichtungen aktiv war, der gut vernetzt war in der Stadt und der Gemeinde. Ihr habt geheiratet und seid nach Braunschweig in die Kaiser-Wilhelm-Straße gezogen – die Prachtstraße hinter dem Theater.  Ihr habt bald dort eine Familie gegründet. Peter und Gabriele müssen tolle Kinder gewesen sein. Sportlich der Peter, lernwillig die Gaby, beide auf der Kleinen Burg. 1928 seid ihr ins Rosental 9. gezogen.  Ich wüsste auch hier wieder zu gerne warum? Ich nehme mal stark an, dass es an den Kindern und dem daraus schließendem Platz Mangel lag. Wollten sie endlich jeder ein eigens Zimmer haben?

Nach 1933 änderte sich alles für euch – weil ihr jüdische Deutsche wart. Aber ihr habt gehandelt. Schnell reagiert.  Hat dir dabei deine Weltsicht aus England geholfen? Walters Erfahrungen und Kontakte?  Wir wissen das nicht.

Aber ihr seid alle geflohen.  Einzeln! Zuerst muss es wohl sehr hart gewesen sein, deinen einzigen Sohn los zu schicken?  Dann waren auch Walter und Gaby weg!

Schließlich warst du fast 2 Monate alleine unter der Schreckensherrschaft der Nazis. Nach der Pogromnacht im November 1938. Ich kann mir vorstellen, dass diese Zeit die wohl schlimmste aller Zeiten in deinem Leben war. Du hattest keine Gewissheit, ob es deinen Kindern gut geht. Oder deinem Mann. Du hattest aber doch noch Glück. Auch dir gelang die Flucht im April 1939 nach Palästina. In Palästina hast du dann auch endlich deine Familie wiedergefunden.

Liebe Mathilde, ich weiß  nicht wann du gestoben bist und wie genau dein Leben weiterhin aussah.
Aber ich weiß, dass du geflohen bist und du schreckliches Unrecht erfahren musstest und ein schlimmes Schicksal erlitten hast.

Aber du hast überlebt. Anders als 6,3 Millionen andere Menschen.
Sie wurden von den Nazis ermordet.   Weil sie als Juden geboren wurden.

Dein Robert

Recherche 2019 Schülerinnen und Schüler der IGSFF Braunschweig
begleitender Lehrer Jens Siebert