Berthold Sander – Rede von Oliver Oldermann, Schlaraffia,
anläßlich der Verlegung des Stolpersteins vor dem Vereinsheim, am 18.11. 2016
Berthold Sander, den wir heute mit einem Stolperstein ehren, war einer von uns.
Wenn ich sage „uns“, dann meine ich die Schlaraffia Brunsviga. Wir sind keine Verbindung oder Loge, sondern ein weltweiter Freundschaftsbund, eine Gemeinschaft von Männern, die die Pflege der Kunst und des Humors bezwecken und deren Hauptgrundsatz die Hochhaltung der Freundschaft ist.
Die Schlaraffia gibt es seit über 130 Jahren hier in Braunschweig. Seit mehr als 100 Jahren ist dieses Haus in der Hochstr. 21 vor dem wir stehen unser Vereinshaus und Versammlungsort. Berthold Sander ist also auch hier – wie wir heute – ein und aus gegangen.
Wer war Berthold Sander?
Geboren wurde er am 18.04.1890 in Emmerich am Rhein. Früh fand er durch seine Mutter zur Musik und machte 1910 eine Ausbildung zum Kapellmeister am Raff Konservatorium in Frankfurt a.M.. Gleich im Anschluss wurde er vom Stadttheater Trier als Kapellmeister engagiert und wirkte dort zehn Jahre. Von 1921 – 1927 war Sander Kapellmeister in Mainz. Über Hildeshein kam er 1930 schon als Schlaraffe zu uns und hatte ein Engagement hier am Staatstheater.
Berthold Sander war jüdischen Glaubens. Das war zur Zeit der Naziherrschaft ein Todesurteil. Am 30. Januar 1933 übernahmen die nationalsozialistischen Schergen die Macht in Deutschland und die Nazis fingen schon sehr bald an, Kulturvereine entweder ganz zu verbieten oder gleichzuschalten. Es wurde Mitgliedern der NSDAP oder anderer NS-Organisationen verboten, in die Schlaraffia einzutreten.. Wer Jude war, musste austreten. Wir als Verein wurden am 28. Feb.1937 endgültig verboten und konnten uns 1946 wieder neu gründen.
Berthold Sander musste die Schlaraffia Mitte 1933 verlassen. Er ging nach Berlin und gründete 1934 den Chor des jüdischen Kulturbundes.
Ein letztes Bild, dirigierend, ist auf das Jahr 1940 datiert. Danach verwischen sich die Spuren.
Berthold Sander gilt seit November 1943 in Theresienstadt als verschollen.
Wir, die Schlaraffia Brunsviga, möchten mit diesem Stolperstein ein Zeichen setzen gegen Diktatur und Verfolgung, vor allen Dingen gegen das Vergessen und für Freiheit und Toleranz. Wir möchten damit zeigen, dass uns das Schicksal und der Tod unseres Schlaraffenfreundes nicht egal ist, denn er war einer von uns und wenn wir ihn nicht retten oder ihm helfen konnten, so wollen wir ihn wenigstens nicht vergessen.
Lulu.